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Heilberufsangehöriger i.S.d. §§ 299a, 299b StGB

   
16. Juni 2023

Wegen Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB kann sich bekanntlich nur der Angehörige eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, strafbar machen (Sonderdelikt). Bislang ungeklärt ist allerdings, unter welchen Voraussetzungen jemand als Heilberufsangehöriger gilt. Müssen alle Zulassungsvoraussetzungen für den jeweiligen Heilberuf vorliegen? Bedarf es eines formalen „Aufnahmeakts“ in den Kreis der Heilberufsangehörigen, etwa den Beitritt zur berufsständischen Kammer oder der Erlangung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung? Diese Frage stellt sich vor allem, aber nicht nur bei sogenannten „Scheinärzten“.

Hierzu hat sich nunmehr das Landgericht Nürnberg-Fürth in seinem Nichteröffnungsbeschluss vom 3.5.2023 (12 KLs 114 Js 10235/20) implizit positioniert und einer extensiven Auslegung zugeneigt: Nach der vom Landgericht favorisierten funktional-faktischen Betrachtung ist Heilberufsangehöriger, wer als Angehöriger eines Heilberufs auftritt und handelt, mag er auch über keine Ausbildung oder Zulassung verfügen. Zur Begründung verweist das Landgericht auf die Auslegung des § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), wonach es für das Handeln „als Angestellter oder Beauftragter“ ausreichen soll, wenn jemand faktisch als solcher agiert.

Allerdings erscheint nicht nur die Tragfähigkeit dieser gezogenen Parallele aufgrund der unterschiedlichen Konstruktion der Tatbestände der § 299 Abs. 1 StGB und § 299a StGB fragwürdig. Hinzu kommt, dass es sich bei dem Täter des § 299a StGB dem Wortlaut nach um den „Angehörigen“ eines Heilberufs handeln muss und damit mehr als das bloße „Ausüben“ eines Heilberufs verlangt wird. In der Literatur wird zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass der – zugegebenermaßen seinerseits umstrittene – Zweck des § 299a StGB, das Vertrauen in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen zu schützen, allenfalls geringfügig durch die Käuflichkeit eines Scheinarztes tangiert wird. Deutlich schwerer dürfte vielmehr der durch die unberechtigte Berufsausübung verursachte Vertrauensverlust wiegen.

Strafbarkeitslücken sind bei einer engeren Auslegung des Heilberufsangehörigen, die Scheinärzte aus dem Anwendungsbereich des § 299a StGB ausschließt, nicht zu befürchten: So sanktioniert § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB das unbefugte Führen zahlreicher Heilberufsbezeichnungen. Darüber hinaus kommt für die Abrechnung von Behandlungsleistungen eines Scheinarztes der Straftatbestand des Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) in Betracht.

Bei Fragen zur Korruption im Gesundheitswesen, zum Abrechnungsbetrug oder zum sonstigen Medizinstrafrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


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