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Aktuelles Aktuelles Medizinstrafrecht   

Ärztinnen und Ärzte als Zeugen im Strafverfahren

   
16. Februar 2024

Im Medizinstrafrecht kommen Ärztinnen und Ärzte häufig als Zeugen in Betracht. Bei einer Ladung zur Zeugenvernehmung sollte stets anwaltlicher Rat hinzugezogen werden:

Grundsätzlich müssen Zeugen nach dem Strafprozessrecht aussagen – natürlich wahrheitsgemäß. Allerdings steht ihnen nach § 55 StPO das Recht zu, die Auskunft zu verweigern, wenn sie sich mit der Beantwortung der Frage in die Gefahr begäben, sich „selbst zu belasten“. Sind Ärztinnen oder Ärzte an der Behandlung, die Gegenstand des Strafverfahrens ist, beteiligt gewesen, liegt ein solches Auskunftsverweigerungsrecht nahe – dieses kann nach der Rechtsprechung des BGH im Einzelfall sogar zu einem umfassenden Zeugnisverweigerungsrecht erstarken.

Besteht kein Auskunftsverweigerungsrecht, sollten Ärztinnen und Ärzte dennoch vorsichtig sein: Auch im Fall einer Zeugenvernehmung – egal ob durch Polizei, Staatsanwaltschaft oder (Straf-)Gericht – bleiben sie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Verstöße sind nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Fragen von Ermittlern oder des Richters rechtfertigen kein Zuwiderhandeln gegen die Verschwiegenheitspflicht. Ärztinnen und Ärzten dürfen aber nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO hinsichtlich dessen zu allen Aspekten das Zeugnis verweigern, die ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist. Über dieses Zeugnisverweigerungsrecht muss die Ärztin, ebenso wenig wie andere Berufsgeheimnisträger, nicht belehrt werden, denn die Verschwiegenheitspflicht hat sie bereits berufsrechtlich zu kennen. Anders ist dies hingegen insbesondere beim Zeugnisverweigerungsrecht des Angehörigen nach § 52 StPO, über das stets belehrt wird.

Tatsächlich kommt es in der Praxis aber oftmals vor, dass Ärzte davon ausgehen, als Zeugen Angaben machen zu müssen. Dies ist ein – aufgrund der Strafandrohung des § 203 StGB äußerst gefährlicher – Trugschluss. Angaben dürfen sie ausnahmsweise nur dann machen, wenn eine Schweigepflichtentbindungserklärung oder eine sonstige Rechtfertigung vorliegt. Im Einzelnen wird es in der Praxis kompliziert: Oftmals weiß der Zeuge gar nicht genau, wozu er vernommen werden soll. Ihm wird in der Regel vorab keine Schweigepflichtentbindungserklärung übermittelt und schon gar keine Sachverhaltsinformationen, die eine Überprüfung eines Rechtfertigungsgrundes ermöglichen würden. Die Prüfung, ob die Ärztin aussagen darf oder sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen muss, um sich nicht strafbar zu machen, muss sie selbst durchführen. Anwaltlicher Rat ist in diesem Fall empfehlenswert.

Für Fragen zur ärztlichen Schweigepflicht sowie zu Zeugenpflichten und -rechten stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


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