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Abrechnungsbetrug in der Pflege

   
16. August 2022

466 Mrd. Euro betrugen nach den Schätzungen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland die Ausgaben im Gesundheitssektor im Jahr 2021. Damit ist das Gesundheitswesen ein attraktives Feld für Vermögensstraftaten, bspw. Abrechnungsbetrug. Das Missbrauchspotential bei Abrechnungen ist hoch.

Diese Entwicklung stellte auch die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) vor allem im Bereich der Pflege für das Jahr 2021 fest. Dies zeige sich sowohl an der Gesamtschadenssumme in Höhe von 4,7 Mio. Euro als auch an der Anzahl der Tatverdächtigten. Spitzenreiter mit einer Schadenssumme von 3,4 Mio. Euro sind dabei die ambulanten Pflegedienste. Eine deutlich höhere Dunkelziffer ist angesichts des intransparenten und schwer kontrollierbaren Abrechnungssystems nicht auszuschließen.

Die Prüfgruppe Abrechnungsmanipulation der KKH erhielt 2021 bundesweit 352 neue Betrugshinweise, die in 147 Fällen Pflegedienste betrafen, gefolgt von Krankengymnasten und Physiotherapeuten (50 Tatverdächtige) sowie Ärzten (35 Tatverdächtige). Die Gesichter des Abrechnungsbetruges sind vielseitig: Der Klassiker ist der Betrug durch Abrechnung sogenannter „Luftleistungen“, d.h. es werden Leistungen abgerechnet, die gar nicht erbracht wurden. Auch die Abrechnung von Leistungen, die durch unqualifiziertes Personal durchgeführt wurden, kommt vielfach vor und ist beliebter Gegenstand von strafgerichtlichen Verfahren, etwa des BGH im Beschluss vom 16.6.2014 (3 StR 21/14). Die KKH stellte fest, dass in Nordrhein-Westfalen z.B. Auszubildende und Praktikanten Touren zu den pflegebedürftigen Patienten fuhren, während die qualifizierten Kräfte im Anschluss die Leistungsnachweise unterzeichneten. In Sachsen-Anhalt besteht u.a. gegen zwei Pflegedienste der Verdacht, dass die mit der KKH abgerechneten Pflegekurse nur teilweise oder gar nicht stattfanden.

Das bei Abrechnungen bestehende Missbrauchspotential soll durch verschiedene Mechanismen und Institutionen eingedämmt werden. Wichtige Bausteine bilden dabei etwa die von den Krankenkassen nach § 197a SGB V zu errichtenden Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Auch die Ermittlungsbehörden setzen bei der Verfolgung Vermögensstraftaten im Gesundheitswesen – wie das Beispiel der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) zeigt – vielerorts auf fachliche Spezialisierung. Die zunehmende Fokussierung der Ermittler auf den Gesundheitssektor, kombiniert mit der bekanntlich sehr niedrigen Schwelle für die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen, führt zu einer erheblichen Steigerung des Risikos, dass gegen Protagonisten der Gesundheitsbranche Ermittlungen wegen Abrechnungsbetruges eingeleitet werden. Die hierbei nicht selten (vor-)schnell formulierten Vorwürfe bestätigen sich dabei jedoch längst nicht in jedem Fall, sondern lassen sich oftmals mit der Hilfe spezialisierter Strafverteidiger entkräften. Wir stehen Ihnen hierbei gerne zur Verfügung.


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