Mit seinem Urteil vom 7.11.2023 (3 C 3.22) hat das BVerwG festgestellt, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) Sterbewilligen nicht die nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) notwendige Erlaubnis für den Erwerb von NatriumPentobarbital (Na-P) erteilen muss. Der Erwerb des Na-P, das in der Schweiz und den Niederlanden bereits seit einigen Jahren in der Sterbehilfe eingesetzt wird, ist nach Ansicht des Gerichts nicht mit dem Zweck des BtMG vereinbar, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Die Kläger hatten demgegenüber argumentiert, die Versagung der Erlaubnis stehe im Widerspruch zu ihrem durch das BVerfG (Urt. v. 26.2.2020 – 2 BvR 2347/15) anerkannten Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben. Eine Grundrechtsverletzung durch die Verweigerung der Erlaubnis vermochte das BVerwG nunmehr jedoch nicht zu erkennen, da den Klägern ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung stünden, das eigene Leben medizinisch begleitet mit anderen Mitteln zu beenden. Hierfür böten Sterbehilfeorganisationen u.a. Unterstützung bei der Vermittlung von Ärzten, die entsprechende Arzneimittel verschreiben, an.
Grundsätzlich können zwar auch Ärzte Betäubungsmittel verschreiben. Die Verschreibung zur Suizidbegehung ist hingegen nach derzeit herrschender Auffassung nicht erlaubt, da das BtMG nur die Verschreibung zu therapeutischen Zwecken („als Heilmittel“) zulasse. Die Verschreibung zu anderen Zwecken stellt eine Straftat dar. Bestrebungen, Ärzten die Verschreibung durch eine entsprechende Änderung des BtMG ebenso zu Suizidzwecken zu ermöglichen, scheiterten (vorerst) im Juli: Zwei Gesetzesentwürfe, die zur Neuregelung der Suizidassistenz erarbeitet worden waren, verfehlten die Mehrheit im Bundestag.
Auch über das BtMG hinaus ist die Suizidassistenz für Ärzte aus strafrechtlicher Sicht nicht ungefährlich: Die Annahme einer straflosen Suizidassistenz bedarf stets eines freiwilligen, ernsthaften Entschlusses des Patienten. Erkennen Ärzte die Unfreiwilligkeit, bspw. aufgrund einer psychischen Erkrankung im Einzelfall nicht, kommt insbesondere eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) in Betracht. Voraussetzung ist jedoch, dass es tatsächlich an der Freiverantwortlichkeit fehlt; reine Zweifel daran reichen nicht aus.
Der assistierte Suizid ist somit aktuell zwar nicht verboten, birgt aber erhebliche Risiken. Die unsichere Rechtslage verlangt nach einer umgehenden Regelung durch den Gesetzgeber. Für die Beratung und Verteidigung im Medizinstrafrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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