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Freispruch zu Abrechnungsbetrug im Rettungsdienst

   
10. April 2025

Abrechnungsbetrug hat nicht nur erhebliche finanzielle Konsequenzen für die beteiligten Institutionen. Bereits der Verdacht des Abrechnungsbetrugs gefährdet das Vertrauen in das Gesundheitssystem. Aber nicht jeder Verdacht bestätigt sich. Jüngst sprach etwa das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urt. v. 12.12.2024 – 12 KLs 105 Js 10067/20) drei Angeklagte vom Vorwurf des Abrechnungsbetrugs frei.

Die Angeklagten waren langjährige Mitglieder des Landesverbands des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB). Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen u.a. vorgeworfen, in den Wirtschaftsjahren 2014 bis 2017 im Namen des Landesverbands rund 3,2 Mio. EUR an Kosten abgerechnet zu haben, ohne dass diese tatsächlich für den Rettungsdienst entstanden seien. Für das Jahr 2018 hätten sie zudem ein deutlich überhöhtes Haushaltsbudget vereinbart. Die so erlangten Gelder sollen die Angeklagten nicht für den Rettungsdienst, sondern zugunsten anderer, unzureichend finanzierter Aufgaben des Landesverbands verwendet haben. Den Kostenträgern sei hierdurch ein Gesamtschaden von knapp 3,7 Mio. EUR entstanden.

Das Gericht sprach die Angeklagten von den Betrugsvorwürfen frei. Zwar spreche viel dafür, dass die Verrechnungen und die unzureichende Abbildung und Nachweisung der Mittelverwendung in den Büchern des Landesverbandes die einschlägigen Transparenzanforderungen verfehlt hätten. Die Strafkammer zog hieraus jedoch nicht den Schluss, dass der Differenzbetrag für Zwecke außerhalb des Rettungsdienstes aufgewendet worden war. Hierbei legte die Kammer die Zwecke des Rettungsdienstes, die von den Angeklagten untechnisch als „Blaulichtzwecke“ betitelt worden waren, weit aus. Einem weiten Begriffsverständnis stünde weder der Wortlaut des BayRDG noch die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Landesverband und den Sozialversicherungsträgern entgegen. Auch die oberste Rettungsdienstbehörde teile dieses Begriffsverständnis. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe daher viel dafürgesprochen, dass die Mittel zweckkonform eingesetzt worden waren.

Ausgangspunkt der vorliegenden Anklage dürften die gewichtigen Unklarheiten über die korrekte Abrechnung der Kosten gewesen sein. Einer der Angeklagten selbst hatte den Anstoß für das Strafverfahren gegeben, weil er die Missstände im Abrechnungssystem des Landesverbands aufzeigen wollte. Daran, dass gerade das Strafverfahren die geeignete Plattform für die Klärung außerstrafrechtlicher Vorfragen ist, bestehen allerdings erhebliche Zweifel.

Die Abrechnung von Leistungen im Gesundheitswesen ist komplex und birgt Tücken, die im schlimmsten Fall strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Um solche Risiken frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren, beraten Sie die Anwältinnen und Anwälte von Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB gerne.


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