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Aktuelles Aktuelles Medizinstrafrecht   

Anstellungsbetrug durch Nichtarzt

   
3. Januar 2024

Berichte über Hochstapler, die ohne abgeschlossenes Medizinstudium als Arzt praktiziert haben und teils erst Jahrzehnte später aufgefallen sind, lösen Erstaunen aus. Der Angeklagte, über den jüngst der BGH (Urt. v. 1.6.2023 – 4 StR 225/22) urteilte, fiel bereits nach rund einem Jahr auf: Der zuvor als ehrenamtlicher Rettungshelfer tätige Angeklagte hatte sich auf die Stelle eines stellvertretenden Rotkreuzarztes beworben und diese auch bekommen. Seiner Bewerbung hatte er selbst hergestellte Dokumente beigelegt, laut derer er ein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen habe und zur Führung der Berufsbezeichnung Arzt berechtigt sei. Kurz darauf erteilte ihm das DRK den Auftrag, für eine Stadt u.a. Coronatests zu organisieren bzw. durchzuführen.

Strafrechtlich kommt in solchen Fällen nicht nur ein Missbrauch von Berufsbezeichnungen (§ 132a StGB), Urkundenfälschung (§ 267 StGB) oder Körperverletzung zulasten der Patienten (§§ 223 ff. StGB) in Betracht. Darüber hinaus könnte ein Betrug gegenüber und zulasten des Anstellenden verwirklicht sein: Schwierigkeiten wirft dabei regelmäßig die Frage auf, ob er das Vermögen des Anstellenden geschädigt hat.

Um einen Vermögensschaden festzustellen, müssen der Wert der gegenseitig versprochenen Leistungen – Arbeit und Bezahlung – verglichen werden. Verbleibt ein Negativsaldo, liegt ein Vermögensschaden vor. Fehlt dem Anzustellenden die fachliche Qualifikation zur Erbringung der vertragsgemäß geschuldeten Leistung, hat diese nach der Rechtsprechung des BGH keinen Wert, sodass das Vermögen des Anstellenden geschädigt wird.

Entscheidend ist dabei, ob die vereinbarten Leistungen tatsächlich einem Arztvorbehalt unterliegen. Für die Durchführung von Coronatests war dies seinerzeit – entgegen der Vorstellung der Beteiligten und anders als für die Feststellung einer Coronaerkrankung – nicht der Fall. Die Leistungen des Angeklagten waren deswegen nicht vollständig wertlos.

Der BGH wies allerdings darauf hin, dass sich ein Vermögensschaden ebenso aus einem Missverhältnis zwischen der versprochenen Leistung und einer an Arzthonoraren orientierten Vergütung ergeben könne. Der Vermögensschaden liege dann in der Differenz. Im konkreten Fall sei zu beachten, dass eine Testung durch einen Nichtarzt deutlich geringeren wirtschaftlichen Wert habe. Diese Wertung entnahm der BGH der seinerzeit gültigen Fassung der Coronavirus-Testverordnung.

Den in erster Instanz erfolgten Freispruch durch das LG Hagen hob der BGH daher auf. Das Landgericht muss nunmehr u.a. entscheiden, wie groß der Schaden, also das Missverhältnis zwischen den gegenseitig versprochenen Leistungen ist.

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