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Aktuelles Aktuelles IT-Strafrecht  

Eingestellt heißt nicht gelöscht, Teil 2

 
8. Dezember 2025

Löschung aus Datenbanken der Staatsanwaltschaft

Wenn ein Strafverfahren gegen eine Person endet, bedeutet das nicht automatisch, dass alle gesammelten Daten verschwinden. In der Beitragsreihe „Eingestellt heißt nicht gelöscht“ beleuchten wir, wie lange gespeicherte Informationen in ermittlungsbehördlichen Systemen verbleiben, welche Rechte Betroffene haben und wo die Grenzen des Datenschutzes liegen.

Nach der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens endet zwar die strafprozessuale Verfolgung, die Datenspeicherung bei der Staatsanwaltschaft jedoch oft nicht. Für Betroffene stellt sich daher die Frage, wie sich personenbezogene Daten, die im Rahmen eines Strafverfahrens erhoben wurden, wieder löschen lassen. Maßgebliche Grundlage hierfür ist § 489 StPO. Die Vorschrift dient der verfassungsrechtlich gebotenen Sicherung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und konkretisiert den Schutz personenbezogener Daten im Strafverfahren. Sie ergänzt die allgemeinen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes, insbesondere §§ 58 Abs. 2 und 75 BDSG. Beide Gesetze sind nebeneinander anwendbar und eröffnen Betroffenen damit konkrete Möglichkeiten, die Löschung unzulässig gespeicherter Daten zu beantragen.

Erfassung in Datenbanken der Staatsanwaltschaft

Daten beschuldigter Personen werden in den staatsanwaltschaftlichen Systemen zur Vorgangsverwaltung (z.B. MESTA in NRW oder Web.StA in Bayern) sowie länderübergreifend im Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, welches vom Bundesamt für Justiz geführt wird, erfasst. Die Rechtsgrundlagen für die Datenspeicherung finden sich in §§ 483 ff. StPO. § 484 Abs. 1 StPO ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden zum Zwecke künftiger Strafverfahren Daten des Beschuldigten zu speichern, u.a. Daten zur Person (Nr.1), zum Tatvorwurf (Nr.3 und 4) und zum Verfahrensstadium (Nr.5).

Auskunft

Das Recht auf Datenauskunft aus §§ 491 Abs. 2, 500 StPO iVm § 57 Abs. 1 BDSG steht dem Betroffenen ohne weitere Voraussetzungen zu. Ihm ist auf Antrag unentgeltlich Auskunft zu erteilen, welche Daten zu welchem Zweck und wie lange gespeichert werden und an wen die Daten übermittelt worden sind. Der Antrag muss die zum Auffinden der Daten notwendigen Angaben enthalten, § 57 Abs. 3 BDSG. Er ist an die aktenführende Staatsanwaltschaft zu richten.

Die Staatsanwaltschaft hat – wie die Polizeibehörden – die Möglichkeit, gemäß § 500 StPO i.V.m. § 57 Abs. 4 BDSG die Datenauskunft unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1, 2 BDSG zu verweigern oder einzuschränken, nämlich u.a. dann, wenn die Auskunft die Strafverfolgung gefährden würde oder in Rechtsgüter Dritter eingreift. Auch die Staatsanwaltschaft hat dabei ihr Geheimhaltungsinteresse gegen das Auskunftsinteresse des Betroffenen abzuwägen.

Löschungsanspruch bei Erledigung des Verfahrens oder fehlender Erforderlichkeit

Ein Löschungsersuchen kann einerseits auf § 489 StPO wegen Verfahrenserledigung gestützt werden. Daten sind danach zu löschen, wenn ein Verfahren erledigt ist und eine Speicherung für künftige Strafverfahren (§ 484 StPO) oder für die Vorgangsverwaltung (§ 485 StPO) nicht mehr zulässig ist. § 489 Abs. 2 S. 3 StPO bestimmt, dass jedenfalls mit Eintritt der Verjährung der Tat, die Gegenstand des Ermittlungsverfahrens war, eine Erledigung vorliegt.

Eine bloße Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts oder nach Opportunitätsvorschriften begründet noch keinen Löschungsanspruch, ebenso wenig wie ein Freispruch, solange ein Restverdacht fortbesteht. Ein Anspruch besteht nur, wenn die Einstellung oder der Freispruch die Unschuld des Betroffenen feststellt oder die Verjährung der Tat eingetreten ist. 

Die Staatsanwaltschaft muss im Einzelfall nachvollziehbar begründen, aus welchen Gründen nach Einstellung oder Freispruch ein Restverdacht fortbesteht. Eine pauschale Behauptung reicht nicht aus.

Für die Vorgangsverwaltung dürfen nur unbedingt notwendige Daten wie Name, Geburtsdatum, Einleitungs- und Erledigungsdatum gespeichert werden – Informationen zu Straftatbestand, Wohnanschrift oder Familienstand müssen hingegen gelöscht werden.

Außerdem kann ein Löschungsanspruch auf § 500 Abs. 1 StPO iVm §§ 75 Abs. 2 Var. 3, 58 Abs. 2 BDSG gestützt werden. Daten sind danach zu löschen, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung der behördlichen Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Erforderlichkeit bedeutet dabei, dass die Aufgabe ohne die betreffenden Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt werden kann – bloße Zweckmäßigkeit oder Eignung reicht nicht aus. Die Prüfung muss stets den Umfang und die Dauer der Speicherung berücksichtigen und das verfassungsmäßig garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen wahren.

Fazit

Veraltete oder nicht mehr relevante Daten dürfen das Leben der Betroffenen nicht beeinträchtigen. Ein unbelasteter Neuanfang sollte nach Abschluss eines Strafverfahrens möglich sein. Deshalb ist das Recht auf Löschung personenbezogener Daten aus ermittlungsbehördlichen Systemen ein entscheidendes Werkzeug, um die Belastungen eines beendeten Strafverfahrens hinter sich zu lassen. Betroffene sollten daher aktiv ihre Rechte wahrnehmen und gegen jede unzulässige Datenspeicherung vorgehen.


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 Diana Nadeborn Diana Nadeborn