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Aktuelles Aktuelles Medizinstrafrecht   

Bußgeldgefahr beim Verkauf früherer Arzttermine

   
6. November 2024

Kassenpatienten kennen die teils langen Wartezeiten bis zu einem Arzttermin. Ein Augenarzt versuchte, hieraus Kapital zu schlagen: Er bot Kassenpatienten einen früheren Behandlungstermin an – gegen die Zahlung von 150 EUR.

Medienberichten zufolge soll der Augenarzt Kassenpatienten über ein Online-Buchungsportal Selbstzahler-Termine angeboten haben. Nach der Buchung sei der Patient dann von einer Praxismitarbeiterin angerufen und zur Zahlung von 150 EUR aufgefordert worden. Andernfalls hätte der Patient mehrere Monate auf einen Termin warten müssen. Der gegen Aufpreis angebotene Termin hätte innerhalb der für gesetzlich Versicherte vorgesehenen Sprechstundenzeit stattfinden sollen.

Dieses Vorgehen bewertet das Landgericht Düsseldorf in seinem Urt. v. 26.6.2024 (34 O 107/22) nicht nur als Missachtung des Sachleistungsprinzip. Es handele sich zudem um eine unlautere Handlung, die gegen § 3a UWG i.V.m. § 32 Abs. 1 S. 1 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte verstößt. Das Landgericht hat dem Augenarzt diesen Terminhandel untersagt.

Neben der gerichtlichen – üblicherweise strafbewehrten – Untersagung kann berufsordnungswidriges Verhalten von Ärztinnen und Ärzten weitere rechtliche Konsequenzen haben:

Bspw. kann die Verletzung von Berufspflichten im Zuständigkeitsbereich der nordrheinwestfälischen Ärztekammern zu Rügen oder Mahnungen oder zur Ahndung im berufsgerichtlichen Verfahren führen (§ 58a HeilBerG). Die Berufsgerichte können u.a. einen Verweis erteilen, aber auch zu deutlich schwerwiegenderen Maßnahmen greifen: etwa einer Geldbuße von bis zu 100.000 EUR oder die Feststellung der Unwürdigkeit zur Berufsausübung (§ 60 Abs. 1 HeilBerG).

Parallel dazu verfügen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) über eigene Disziplinarbefugnisse, mit denen Verstöße gegen kassenärztliche Pflichten geahndet werden können. Disziplinarausschüsse können etwa in Nordrhein-Westfalen eine Geldbuße von bis zu 50.000 EUR verhängen oder das Ruhen der vertragsärztlichen Zulassung anordnen. Bei schwerwiegenden Verstößen kann ein Zulassungsentziehungsverfahren eingeleitet werden.

Solche „Begleitverfahren“ – auch als berufsrechtlicher Überhang bezeichnet – sind bei gegen Ärztinnen und Ärzte gerichteten Strafverfahren keine Seltenheit. Ihre Konsequenzen können in manchen Fällen gravierender sein als die eigentliche Kriminalstrafe. Umso wichtiger ist es, diese Verfahren bei der Verteidigung von Anfang an im Blick zu behalten. Für die Beratung hierzu sowie bei Fragen rund um das Medizinstrafrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


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