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Anzeige einer Impfpassfälschung strafbar?

   
16. März 2022

Inzwischen sind gefälschte Impfpässe zum festen Bestandteil des Arbeitsalltages von Apothekerinnen und Apothekern geworden. Denn immer wieder versuchen Patienten, durch die Vorlage gefälschter Impfpapiere einen digitalen Impfnachweis ausgestellt zu bekommen. Da in den #Apotheken inzwischen überprüft werden kann, ob Ort und Zeitpunkt der Impfung zu der Chargennummer im Impfpass passen, werden immer mehr Fälschungen aufgedeckt. Seit der Neufassung des § 279 StGB Ende November 2021 stellt die Vorlage eines gefälschten Impfpasses gegenüber einer Apotheke zwar eine Straftat dar. Nicht ausdrücklich geregelt ist jedoch, ob Apothekerinnen und Apotheker die Fälschung auch melden dürfen oder dadurch riskieren, sich selbst strafbar zu machen.

Zunächst einmal: Keine Apothekerin und kein Apotheker ist verpflichtet, solche Versuche anzuzeigen. Vielmehr gilt, dass sie gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB kein fremdes Geheimnis unbefugt offenbaren dürfen, das ihnen im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung anvertraut oder sonst bekanntgeworden ist. Diese Schweigepflicht wird auch nicht durch den Verdacht einer strafrechtlichen Handlung des Patienten oder Patientin aufgehoben, sodass die Anzeige grundsätzlich den Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Deshalb sind alle Apothekerinnen und Apotheker zunächst gut beraten, ihre Schweigepflicht sehr ernst zu nehmen und im Zweifel nichts zu offenbaren, was ihnen als Apothekerin oder Apotheker bekannt geworden ist.

Entscheiden sich betroffene Apothekerinnen und Apotheker allerdings für eine Anzeige der Patientin oder des Patienten, ist dies angesichts der Pandemielage gerechtfertigt. Apothekerinnen oder Apotheker machen sich also nicht strafbar: Einige Apothekerkammern und Generalstaatsanwaltschaften gehen davon aus, dass die Schweigepflichtverletzung in der Regel nach § 34 StGB wegen der Gefährdung der Allgemeinheit im Übrigen gerechtfertigt sein wird. Diese Einschätzung wurde nun auch durch eine Entscheidung des AG Landstuhl vom 25.01.2022 (Az.: 2 Cs 4106 Js 15848/21) bestätigt und damit begründet, dass der Kunde eine Dauergefahr für Leib und Leben sowie für das Schutzgut der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsfürsorge darstellt. Es kommt jedoch weiterhin auf die Abwägung im konkreten Einzelfall an.

Kommt es in diesen Fällen zur Einleitung von #Ermittlungsverfahren, übernimmt Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB die Verteidigung der Apothekerinnen und Apotheker. Wir empfehlen, sich vor Abgabe einer Strafanzeige zu Umfang und Grenzen der Schweigepflicht beraten zu lassen.

Einen vertieften Überblick zur Schweigepflicht gibt Rechtsanwältin Daniela Etterer in dem von Rechtsanwalt Prof. Dr. Tsambikakis und Universitätsprofessor Frank Saliger herausgegebenen Handbuch Strafrecht der Medizin.


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Prof. Dr. Michael Tsambikakis Prof. Dr. Michael Tsambikakis  Daniela Etterer, MHMM Daniela Etterer MHMM Prof. Dr. Frank Saliger Prof. Dr. Frank Saliger
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