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Aktuelles Aktuelles Medizinstrafrecht   

Abrechnungsbetrug in Corona-Testzentren

   
30. Mai 2025

Erstmalig hat der BGH in seinen beiden Entscheidungen vom 4.12.2024 (5 StR 498/23) zum Abrechnungsbetrug in Corona-Testzentren Stellung genommen. Anlass gab das Urteil des LG Berlin vom 27.3.2023, dem – zusammengefasst – der folgende Sachverhalt zugrunde lag:

Der vorbestrafte Angeklagte betrieb in Berlin 18 Corona-Teststellen, 16 davon unter Fremd- und Falschpersonalien. Von Mai bis Oktober 2021 reichte er bei der KV Berlin für alle 18 Teststellen Abrechnungen ein und erhielt hierfür fast zehn Mio. Euro. Nach den Feststellungen des Landgerichts fand in elf Teststellen keinerlei Betrieb statt. In den übrigen sieben Teststellen wurden weniger Tests durchgeführt als abgerechnet. Bei den durchgeführten Tests bestanden Anhaltspunkte dafür, dass die Durchführung und Dokumentation nicht ordnungsgemäß gewesen sein könnte. Das LG hat den Angeklagten wegen Betruges in 67 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung beinahe des gesamten ausgezahlten Betrags angeordnet.

Wenig überraschend hat der BGH zunächst die Einordnung des LG bestätigt, dass die Abrechnung der tatsächlich nicht durchgeführten Tests (Luftleistungen) den Betrugstatbestand gemäß § 263 Abs. 1 StGB verwirklicht.

Einen Betrug sahen LG und BGH zudem in der Abrechnung der Tests, die in den unter falschen und fremden Personalien betriebenen Teststellen durchgeführt wurden (Identitätstäuschung). Nach Ansicht der Gerichte seien Testleistungen nur dann erstattungsfähig, wenn der Abrechnende mit der zuvor für den Teststellenbetrieb beauftragten Person identisch ist. Denn es sei ein Anliegen des Verordnungsgebers (TestV) gewesen, dass jedenfalls nur zuverlässige Personen beauftragt werden konnten, wobei die „Zuverlässigkeit“ an in der Person des zu beauftragenden Anbieters liegende Umstände anknüpfte.

Auf die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hin machte der BGH abschließend deutlich, dass Durchführungs- oder Dokumentationsmängel der Tests dem Erstattungsanspruch des Betreibers entgegenstehen können. Die Abrechnung entgegen – und ohne Offenlegung – dieser Mängel könne ebenfalls einen Betrug darstellen.

Wer mehr über den Inhalt und die Folgen der beiden Entscheidungen erfahren will, sollte die ZWH im Blick behalten: Dort erscheint demnächst die Anmerkung aus der Feder unserer Rechtsanwältin Britta Michel.

Am Rande hat der BGH in seinem Urteil vom 4.12.2024 klargestellt, dass einzelne fehlerhaft abgerechnete Tests nicht dazu führen, dass der Teststellenbetreiber auch seinen Erstattungsanspruch für ordnungsgemäß durchgeführte Tests verliert. Diesen Aspekt hat unser Partner Dr. Markus Gierok in der aktuellen Ausgabe der medstra unter dem Titel „Schaden, Formalschaden, Totalschaden“ aufgegriffen.

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