Zur Sicherung digitaler Beweismittel beschlagnahmen Ermittler regelmäßig Speichermedien wie Mobiltelefone oder Laptops. Für die Zeit der Beschlagnahme sind diese dem Zugriff und somit auch der Nutzbarkeit durch den Betroffenen entzogen.
Wer durch eine Beschlagnahme einen Schaden erleidet, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung aus der Staatskasse verlangen. Auf Handy und Laptop bzw. PC will keiner verzichten - auch Tatverdächtige nicht. Die Beschlagnahme dieser Geräte zu Ermittlungszwecken sollte nur wenige Tage andauern. Schließlich geht es in der Regel um die Auswertung der darauf gespeicherten Daten und nicht um eine Beweiserheblichkeit der Hardware als solcher. Die Beschlagnahme von Festplatten ist mit Ablauf von drei Werktagen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich aufzuheben (AG Reutlingen, Beschluss vom 05.12.2011, Az. 5 Gs 363/11). Nur das Speicherabbild des Datenträgers (Image) verbleibt bei den Ermittlern. In der Praxis dauert die Beschlagnahme der Geräte hingegen oft viele Monate.
Wird das Verfahren später eingestellt, die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder der Angeklagte freigesprochen, kann der Betroffene eine Entschädigung für den Vermögensschaden verlangen, den er durch die Sicherstellung der Datenträger (insbesondere Handys und Computer) erlitten hat, §§ 2, 7 StrEG.
1. Keine Verurteilung des Betroffenen
Eine Entschädigungszahlung setzt zunächst voraus, dass es nicht zu einer Verurteilung des von der Beschlagnahme Betroffenen gekommen ist. In diesem Fall gesteht der Gesetzgeber keine Entschädigungszahlung zu, da der Betroffene mit seinem, der Verurteilung zugrundeliegenden, rechtswidrigen Verhalten selbst schuldhaft das Erfordernis der Beschlagnahme hervorgerufen hat.
Kommt es hingegen nicht zu einer Verurteilung, ist der Grund hierfür irrelevant. Folglich ist ein Entschädigungsanspruch denkbar, sobald das Verfahren eingestellt, die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder der oder die Angeklagte freigesprochen wird.
2. Vermögensschaden durch Beschlagnahme
Der Betroffene kann dann Ersatz für den Vermögensschaden in Form eines Nutzungsausfallschadens verlangen.
Eine Nutzungsausfallentschädigung gibt es für den Entzug von Wirtschaftsgütern, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist (BGH, Beschluss vom 09.07.1986, Az. GSZ 1/86): Dazu gehören nicht nur Auto, Wohnung, Kühlschrank, Herd und Fernseher, sondern auch ein internetfähiger Computer sowie ein Handy.
Im Jahr 1996 entschied das AG Ulm noch, dass eine Nutzungsausfallentschädigung für ein Notebook nicht zu gewähren sei, da es sich hierbei um ein Luxusgut handeln würde (AG Ulm, Urt. v. 17.07.1996, Az.: 3 C 1418/96, NJW-RR 1997, 556).
Diese Entscheidung ist vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung und dem korrespondierenden gesellschaftlichen Wandel nunmehr wohl dem Bereich der Rechtsgeschichte zuzuordnen. Mittlerweile ist allgemein anerkannt, dass die ständige Verfügbarkeit von Handys und Computern für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist.
Ein wirtschaftlicher Nachteil durch den zeitweiligen Entzug dieser Geräte wird jedoch nur anerkannt, wenn der Betroffene kein Zweitgerät zur privaten Nutzung zur Verfügung hat; die Computernutzung am Arbeitsplatz genügt insoweit nicht (Lorenz, VuR 2011, 339). Eine Entschädigung enthält mithin nur derjenige, bei dem alle Geräte beschlagnahmt wurden. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich jedoch nur an der entgangenen Nutzung eines einzigen Geräts.
Nicht ersatzfähig ist der Kauf eines Ersatzgerätes. Denn entschädigt wird nur der vorübergehende, und nicht ein endgültiger Entzug der Nutzungsmöglichkeit.
Ebenso bleibt ein während der Dauer der Vorenthaltung eintretender Wertverlust des beschlagnahmten Gerätes für die Entschädigung außer Betracht. Denn dieser Wertverlust wäre gleichsam auch bei bestehender Nutzungsmöglichkeit eingetreten und stellt folglich kein Resultat der Beschlagnahme dar.
3. Höhe und Berechnung der Entschädigung
Der Betroffene erhält eine Entschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme bis zur Rückgabe der Geräte. Der ersatzfähige Schaden beträgt dabei regelmäßig 40 % des Mietpreises für ein vergleichbares Gerät pro Tag.
So hat das OLG München bereits im Jahre 2010 ausgeführt „Der marktübliche Mietpreis einer Sache kann als Ausgangspunkt (…) herangezogen werden, dieser ist jedoch um die Gewinnspanne des Vermieters und die bei privater Nutzung nicht anfallenden Kosten zu bereinigen (…). In der Regel unbedenklich ist eine Schadensschätzung auf 40 % der üblichen Miete.“ (OLG München, Beschluss vom 23.03.2010, Az. 1 W 2689/09, Rn. 7).
Es geht bei der Nutzungsausfallentschädigung nicht um eine Beeinträchtigung des Eigentums, sondern um die Vorenthaltung der Gebrauchsmöglichkeit, so dass jeder Nutzungsberechtigte und nicht nur der Eigentümer den Anspruch geltend machen kann (a.A. LG Flensburg, Beschluss vom 15.06.2005, Az. 2 O 341/04):
„Entgangene Nutzungsmöglichkeiten sind auch nach dem StrEG ersatzfähig, wenn der Betroffene auf die Nutzung des Gegenstandes für die eigenwirtschaftliche Lebensführung typischerweise angewiesen ist. Das ist bei einem Computer nach den heutigen Lebensumständen der Fall. Dabei muss der Betroffene nicht Eigentümer sein; es genügt vielmehr, dass er zur Nutzung berechtigt ist.“ (LG Stuttgart, Beschluss vom 15.05.2009, Az. 15 O 206/08, Rn. 15)
4. Fazit
Angesichts der häufig lange andauernden Beschlagnahme der Geräte, die entgegen den Anforderungen der Rechtsprechung erst mit Einstellung des Ermittlungsverfahrens herausgegeben werden, kann die Nutzungsausfallentschädigung ein durchaus lohnender Posten für den ehemals Beschuldigten sein.