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Verteidigung mit und gegen die Krankenkassen

   
17. August 2023

Welche Auswirkungen hat die Beteiligung von Krankenkassen auf die Strafverteidigung in medizinstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren? Krankenkassen nehmen in solchen Verfahren eine wesentliche Rolle ein. Ob eine Verteidigung mit oder gegen sie erfolgt, ist eine zentrale strategische Frage der Strafverteidigung. Das Verteidigungsziel – Freispruch – oder Strafzumessungsverteidigung – bestimmt das Verhältnis zu den Krankenkassen.

Eine Verteidigung mit den Krankenkassen kommt in Betracht, wenn die realistische Aussicht besteht, dass mindestens eine Krankenkasse als Fürsprecherin im Strafverfahren zu gewinnen ist. Dies wirkt sich vor allem bei der Strafzumessungsverteidigung aus. Denn wenn die Krankenkassen als Geschädigte strafmildernde Aspekte anerkennen, bestätigen oder sogar selbst vorbringen, kann dies die Entscheidung des Staatsanwalts positiv beeinflussen. Die Strafandrohung kann dadurch unter Umständen entschärft werden.

Strafverfahren, die sich gegen Heilberufsträger richten, werden in der Regel von weiteren Verfahren begleitet, etwa berufsrechtliche Verfahren, zivil- und sozialrechtliche Streitigkeiten, Steuer- und Disziplinarverfahren seitens der Kassenärztlichen Vereinigung. Diese Nebenverfahren können für den Heilberufsträger ebenso gravierende Folgen wie das Strafverfahren selbst haben. Die Verteidigung sollte daher anstreben, dass sich die Fürsprache auf alle weiteren damit zusammenhängenden Verfahren erstreckt und eine Gesamtlösung des Konflikts herbeigeführt wird.

Eine Verteidigung gegen die Krankenkassen ist hingegen zu erwägen, wenn feststeht, dass diese eine antagonistische Rolle einnehmen werden und eine Fürsprache ausgeschlossen erscheint. Die Verteidigung besteht dann darin, den Tatvorwurf zu entkräften sowie alternative Ermittlungshypothesen zu entwickeln und in das Verfahren einzubringen. Die Strategie der Verteidigung gegen die Krankenkassen ist grundsätzlich am Verfahrensziel im Strafverfahren auszurichten, denn die Nebenverfahren werden nachgeordnet davon geprägt. Ein Freispruch im Strafverfahren entzieht regelmäßig den anderen Verfahren die Grundlage; umgekehrt ist dies überwiegend nicht der Fall.

Häufig liegt ein Problem darin, dass bei schwierigen medizinrechtlichen Fragen die involvierten Behörden sich wechselseitiges Vertrauen in die jeweilige Kompetenz schenken und eine Rechtsauffassung bestärken. Das kann dazu führen, dass Rechtsfragen nicht hinreichend geklärt werden und ein Anfangsverdacht schematisch im Vertrauen auf die vermeintlich größere medizinrechtliche Kompetenz der jeweils anderen Behörde angenommen wird. Dieser Anfangsverdacht bildet schließlich die Grundlage für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens z. B. gegen einen Arzt.

Strategische Überlegungen zum Umgang mit den Krankenkassen sind für die Strafverteidigung unerlässlich. Für Fragen rund um das Thema Verteidigung in medizinstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren stehen Ihnen die Anwältinnen und Anwälte von Tsambikakis gerne zur Verfügung.


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 Daniela Etterer, MHMM Daniela Etterer MHMM  Britta Alexandra Michel Britta Alexandra Michel