Machen sich Betreiber illegaler Handelsplattformen im Internet wegen der Taten ihrer Nutzer strafbar?
Egal was man sucht, man kann es im Internet bestellen. Auf speziellen Plattformen bieten Händler auch illegale Gegenstände wie Schusswaffen oder Betäubungsmittel an. Eine dieser Plattformen war die seit 2013 aktive Website „Deutschland im DeepWeb“. Am 2. August 2023 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg gegen den mutmaßlichen Betreiber der mittlerweile dritten Version dieser Plattform Anklage. Neben einer möglichen Strafbarkeit wegen des Betreibens einer kriminellen Handelsplattform im Internet gem. § 127 StGB sind auch eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG oder wegen Beihilfe zu den Taten der 72 auf der Plattform aktiven Händlern denkbar.
Strafbarkeit wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Obwohl Betreiber nicht aktiv einzelne konkrete Handelsgeschäfte auf ihrer Plattform vornehmen, können sie als Täter gem. § 29 Absatz 1 Nr. 1 BtMG infrage kommen. Auch das Fördern und Ermöglichen fremder Umsatzgeschäfte kann täterschaftliches Handeltreiben iSd. § 29 BtMG sein. Dies ist etwa der Fall, wenn jemand einzelne Geschäfte vermittelt oder die Kontaktinformationen potentieller Kunden weitergibt.
Der BGH hat im Verfahren gegen die Betreiber der Plattform „Wallstreet Market“ mit Beschluss vom 02.06.2022 (Az. 2 StR 12/22) festgestellt, dass das zur Verfügung stellen einer ausschließlich dem Handel mit Betäubungsmitteln dienenden Verkaufs- und Kommunikationsplattform im Internet oder die zur Aufrechterhaltung der technischen und inhaltlichen Forenstruktur geleisteten Tätigkeiten regelmäßig ein täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln darstellt. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Betreiber allein aus uneigennützigen Motiven heraus handelt. Für eine eigennützige Motivation spricht hingegen, wenn der Betreiber etwaige Investitionen getätigt hat oder eine erfolgsabhängige prozentuale Beteiligung an den Erlösen der Handelsgeschäfte einbehält.
Darüber hinaus müssen die Betreiber vorsätzlich hinsichtlich der Drogengeschäfte handeln. Bei Online-Plattformen ist hierfür maßgeblich, wie der Betreiber die Website gestaltet. Schafft er Kategorien für illegale Waren oder verteilt an besonders zuverlässige Händler für Kunden sichtbare Titel wie “trusted vendor“, spricht dies für ein vorsätzliches Vorgehen.
Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Eine strafbare Beihilfe durch das Betreiben von Plattformen ist denkbar, wenn die Betreiber kein oder wenig Geld durch die einzelnen Handelstaten ihrer Kunden verdienen. Haben die Betreiber keine oder nur wenig Einflussmöglichkeiten auf die einzelnen Geschäfte, spricht dies ebenfalls gegen ein täterschaftliches Handeln und für eine Teilnehmer-Strafbarkeit.
Das Betreiben der Plattform muss zunächst eine für die Haupttat fördernde Handlung darstellen; kausal für den Taterfolg muss sie nicht sein. Darüber hinaus wird ein doppelter Beihilfevorsatz vorausgesetzt. Dieser besteht einerseits aus dem Bewusstsein, dass der Gehilfe das Vorhaben der Haupttäter fördert, und andererseits aus der Kenntnis der Haupttat. Einzelheiten muss der Gehilfe nicht wissen, vielmehr reicht das für möglich halten und billigen wesentlicher Hauptmerkmale der Tat, wie der Unrechtsgehalt der Tat und ihre Angriffsrichtung.
Das Erstellen einer Onlineplattform ist grundsätzlich eine sog. neutrale Handlung, die nur als Beihilfe strafbar ist, wenn der Haupttäters ausschließlich auf die Begehung einer strafbaren Handlung abzielt und der Hilfeleistende Kenntnis hiervon hat. Schaltet der Betreiber einzelne illegale Angebote frei, erlangt der Betreiber damit genau diese Kenntnis.
Das Haftungsprivileg aus § 10 TMG
Dabei ist auch noch das Haftungsprivileg aus § 10 TMG beachtlich. Betreiber von Websites haften für die von ihren Nutzern auf der Website begangenen Taten nur, wenn sie positive Kenntnis von diesen Taten haben. Auf dieses Privileg kann sich ein Betreiber beispielsweise nicht berufen, wenn er die Aktivitäten der Nutzer auf der Plattform moderiert und eigens Werbung für illegale Waren erstellt oder wenn er die einzelnen Angebote manuell freischaltet.
Fazit
Betreiber von illegalen Handelsplattformen im Internet können als Täter bestraft werden, auch wenn sie die illegalen Waren nie selbst in den Händen gehalten haben. Wenn ihre Plattform gezielt der Erleichterung von Straftaten anderer dient, können sich die Betreiber nicht auf das Haftungsprivileg aus § 10 TMG berufen. Des neu eingeführten Straftatbestands des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet gem. § 127 StGB bedarf es hier nicht. Inwieweit sich der mutmaßliche Betreiber von „Deutschland in DeepWeb 3“ strafbar gemacht hat, wird die speziell zuständige Kammer für Cybercrime des Landgerichts Bamberg entscheiden.
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Diana Nadeborn