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Aktuelles Aktuelles IT-Strafrecht   

Wann kommt der Direktzugriff auf Daten im Ausland?

   
24. Juli 2023

Die E-Evidence-Verordnung im Überblick

Am 27. Juni 2023 hat der Rat der Europäischen Union die E-Evidence-Verordnung verabschiedet. Gemäß ihrem Art. 34 Abs. 2 entfaltet die Verordnung ihre unmittelbare Wirkung in den Mitgliedsstaaten 36 Monate nach ihrem Inkrafttreten.

Ermittlungsbehörden werden hierdurch zwei neue Instrumente für die Verbrechensbekämpfung erhalten. Sie werden für Strafverfahren relevante Daten von Onlinedienstleistern, die in anderen Mitgliedsstaaten ansässig sind, dort eine Vertretung besitzen oder eine erhebliche Anzahl von Nutzer*innen haben, entweder vorläufig sichern lassen oder direkt erheben können. Die #Sicherung wird für bis zu sechzig Tage angeordnet werden dürfen. Die Herausgabe der Daten wird innerhalb von 10 Tagen geschehen müssen.

Wie ist die neue Rechtslage?

Mitgliedsstaaten der EU können ohne ein Rechtshilfeersuchen direkt eine Nutzungs- und Verkehrsdatenerhebung bei Onlinedienstleistern anordnen. Vorausgesetzt die zu ermittelnde Straftat wurde auf dem Gebiet des jeweiligen Anordnungsstaates begangen oder die beschuldigte Person hat ihren dauerhaften Wohnsitz im Anordnungsstaat, muss der Staat, in dem der Diensteanbieter ansässig ist, nicht von der Maßnahme informiert werden. Kommen die Dienstleister einer Anordnung in verschuldeter Weise nicht nach, droht eine Sanktion in Höhe von bis zu zwei Prozent vom Gesamtumsatz des Vorjahres.

Lediglich in Fällen, in denen der Diensteanbieter durch die Anordnung einen Verstoß gegen an ihn gerichtete Verpflichtungen in einem Land außerhalb der EU sieht, muss er die Anordnungsbehörde davon in Kenntnis setzen. Eine an Amazon gerichtete Herausgabeanordnung könnte zum Beispiel gegen US-amerikanisches Recht verstoßen. Dass keine vergleichbaren Voraussetzungen, Formvorschriften und Verfahren für den Erlass einer solchen Herausgabeanordnung in dem Drittland existieren oder die Daten in dem Drittland gespeichert sind, stellen keine statthaften Versagungsgründe dar. Verstößt die Herausgabeanordnung gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen eines Drittlandes, muss ein zuständiges Gericht des Anordnungsstaates anhand der Kriterien des Art. 17 Abs. 6 der Verordnung die gegenseitigen Interessen abwägen.

EU-weite Mindestvoraussetzungen festgelegt

Für eine Herausgabeanordnung wurden Mindestvoraussetzungen an die zu ermittelnden Straftaten festgelegt. Teilnehmer- oder Identifikationsdaten können laut der Verordnung grundsätzlich im Rahmen von Ermittlungen hinsichtlich jedweder Straftat verlangt werden. Die Herausgabe von Verkehrs- und Inhaltsdaten darf bei Straftaten mit einem Höchststrafmaß von mindestens drei Jahren oder bei typischen Straftaten der Cyberkriminalität, des sexuellen Missbrauchs und von Kinderpornografie angeordnet werden. Daneben gelten weiterhin die ggf. höheren Voraussetzungen des nationalen Rechts im Anordnungsstaat.

Sowohl die Herausgabeanordnung als auch die Sicherungsanordnung müssen verhältnismäßig sein. An eine Sicherungsanordnung werden keine weiteren Voraussetzungen gestellt.

Was gilt konkret für deutsche Ermittlungsbehörden?

Hat der Diensteanbieter seinen Sitz in Deutschland gilt weiterhin allein die StPO. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Hs. 2 der Verordnung darf eine europäische Herausgabeanordnung an einen Diensteanbieter im Ausland nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Anordnung in einem vergleichbaren Fall im Inland vorliegen würden. So gelten für deutsche Ermittlungsbehörden auch für die Herausgabe von Daten durch einen Onlinedienstleister im Ausland die Voraussetzungen der Verkehrs-, Bestands- und Nutzungsdatenerhebung nach § 100g, § 100j und § 100k StPO sowie der Inhaltsdatenerhebung nach § 95 StPO. Für Herausgabeanordnungen im Rahmen von Ermittlungen hinsichtlich Straftaten, die außerhalb der typischen Cyberkriminalität etc. zu verorten sind, ist zu beachten, dass die erforderliche erhebliche Bedeutung der Straftat durch das Höchststrafmaß von mindestens drei Jahren weiter konkretisiert wurde.

Fazit

Die Verordnung soll die Bekämpfung von Onlinekriminalität effektiver und schneller machen. Das Ausschalten des Vollstreckungsstaates als Kontrollinstanz wird den Grundrechtsschutz von verdächtigen Personen im Gegenzug schwächen.


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 Diana Nadeborn Diana Nadeborn