+49 221 33 77 23-0
Aktuelles Aktuelles Allgemeines   

Patient-Support-Programme: Strafrechtliche Risiken 

   
1. Juni 2023

Patient-Support-Programme (PSP) haben in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Es handelt sich um Angebote von Pharmaunternehmen, die verschiedene Serviceleistungen beinhalten und vor allem bei Langzeitbehandlungen von chronischen Erkrankungen relevant werden. Sie können unterschiedlich ausgestaltet werden, sollen aber im Wesentlichen dazu dienen, die Patienten bei der Therapie zu unterstützen. Zeitgleich werden von den Anbietern gezielt Informationen über die Anwendung der Arzneimittel durch die Patienten gesammelt und ausgewertet. Ausdrücklich gesetzlich geregelt sind PSP nicht und auch Gerichtsentscheidungen lassen sich nur wenige finden. Dabei können PSP gerade aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung komplexe Rechtsfragen und damit auch Risiken aufwerfen.

Dass PSP auch strafrechtliche Risiken aufweisen können, zeigt nun auch eine jüngere Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth (Beschl. v. 19.12.2022 – 12 Qs 65/2). Anlass für die Entscheidung war zwar die Beschwerde eines Apothekers gegen einen Arrestbeschluss, der Inhalt des Beschlusses hat jedoch Bedeutung für alle, die an vergleichbaren PSP mitwirken. Konkret ging es um ein PSP, in dem Betreuungs- und Unterstützungsleistungen für Patienten erbracht und die von dem PSP-Anbieter vertriebenen Hilfsmittel zur Applikation von Arzneimitteln eingesetzt wurden. Das PSP umfasste dabei auch ein sog. Rezeptmanagement: Hierfür schickten die Ärzte die Rezepte für die teilnehmenden Patienten unmittelbar an den Anbieter des PSP, der die Arzneimittel bei den Arzneimittelherstellern selbst bestellte und an die Patienten weiterleitete. Der mitbeschuldigte Anbieter reichte die Rezepte anschließend an den beschuldigten Apotheker weiter, der diese ohne Offenlegung des Rezeptmanagements gegenüber denKrankenkassen abrechnete. Eine Überprüfung oder Beaufsichtigung der Verpackung und Versendung der Arzneimittel erfolgte nicht durch den Apotheker. Im Ermittlungsverfahren wurde gegen den Apotheker ein Vermögensarrest in Höhe der Bruttoeinnahmen angeordnet. 

Der Arrestbeschluss wurde vom Landgericht aufrechterhalten mit der Begründung, dass der tatsächliche Befund den Verdacht eines Abrechnungsbetruges rechtfertige. Insbesondere liege eine Täuschungshandlung wegen folgender drei Punkte nahe: Der Beschuldigte habe mutmaßlich (konkludent) darüber getäuscht, dass er

  1. die Rezepte beliefert hat,
  2. sich an das Zuweisungsverbot aus § 11 Abs. 1 ApoG gehalten hat sowie
  3. eine unzulässige Beeinflussung im Sinne des § 7 Arzneiversorgungsvertrag nicht vorliege. 

Damit ist zwar die strafrechtliche Relevanz der Entscheidung maßgeblich auf die Ausgestaltung des Rezeptmanagements zu stützen und nicht generell auf das PSP. Dennoch bietet die Entscheidung Anlass, die Konzeption eines PSP im Einzelfall auf Strafbarkeitsrisiken zu überprüfen. Wir beraten Sie hierbei gerne.  


Kontaktieren Sie uns:

Prof. Dr. Michael Tsambikakis Prof. Dr. Michael Tsambikakis  Daniela Etterer, MHMM Daniela Etterer MHMM Dr. Karolina Kessler Dr. Karolina Kessler Dr. Daphne Petry, LL.M. (Canterbury) Dr. Daphne Petry, LL.M. (Canterbury) Dr. Markus Gierok Dr. Markus Gierok  Britta Alexandra Michel Britta Alexandra Michel