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Darstellungsanforderungen bei §§ 277 ff. StGB

   
2. Mai 2023

Im Zuge der Corona-Pandemie wurden die Straftatbestände zu Gesundheitszeugnissen (insb. §§ 277 ff. StGB) zum 24.11.2021 reformiert. Die grundlegende Frage, ob die Impfpassfälschung zur Vorlage in Apotheken, der Gastronomie oder Freizeiteinrichtungen als Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB strafbar war, hat der 5. Strafsenat mit – bislang nicht veröffentlichtem – Urteil vom 10.11.2022 (5 StR 283/22) bejaht. Darüber hinaus sind allerdings nicht nur weiterhin zahlreiche rechtliche Gesichtspunkte ungeklärt. Bereits die ordnungsgemäße Darstellung des Sachverhalts, auf den die Verurteilung eines Angeklagten gestützt wird, stellt Tatgerichte zuweilen vor Probleme.  

Dem Grunde nach gilt bei einer Verurteilung, dass die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben müssen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§ 267 Abs. 1 S. 1 StPO). Ohne eine solche Darstellung kann das Rechtsmittelgericht nicht überprüfen, ob das Tatgericht die herangezogenen Straftatbestände ordnungsgemäß angewandt hat. Dies führt in aller Regel zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Tatgericht zwecks neuer Verhandlung.  

So auch im Falle des Beschlusses des OLG Celle vom 27.6.2022 (2 Ss 58/22). Das LG Hannover (als Berufungsgericht) hatte den Angeklagten wegen Gebrauchens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses gemäß § 279 StGB a.F. verurteilt. Dies allerdings ohne die Feststellung, ob das vom Angeklagten aus dem Internet heruntergeladene und von ihm selbst um seine Personalien vervollständigte Maskenbefreiungsattest von dem Arzt, der es auf seiner Homepage zum Download angeboten hatte, vorunterzeichnet worden war. Nur in diesem Fall hätte ein unrichtiges Gesundheitszeugnis i.S.d. § 278 StGB a.F. vorgelegen. Dieses Versäumnis führte zur Zurückverweisung an das LG. 

Noch deutlicher fielen die Darstellungsmängel in einem Urteil eines – nicht benannten – AG aus, mit dem sich das BayObLG befassen musste. Das AG hatte in seinem Urteil im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Angeklagte „entweder in den Besitz des Impfausweises […] brachte oder er einen solchen Impfausweis […] verfälschte, obwohl die dokumentierte Impfung bei ihm nicht durchgeführt worden war.“ Statt dieser Wiedergabe reiner Rechtsbegriffe hätte das AG u.a. darstellen müssen, 

  • für wen der Ausweis ausgestellt wurde, 
  • wer als Aussteller des Ausweises ersichtlich und wer der tatsächliche Aussteller war bzw. ob der Gedankeninhalt des Ausweises nachträglich geändert wurde und 
  • ob und mit welchem Inhalt ein Chargenaufkleber eingeklebt wurde. 


Diese Anforderungen werden von einer Vielzahl der veröffentlichen Verurteilungen durch Tatgerichte nicht erfüllt. Es empfiehlt sich daher stets, die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels prüfen zu lassen. Wir stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung. 


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