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Einziehung des Arzthonorars?

   
17. April 2023

Was passiert eigentlich mit dem von Patienten gezahlten Arzthonorar, wenn der Arzt später aufgrund fehlerhafter Behandlung wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt wird? Mit dieser Frage beschäftigte sich vor Kurzem der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 02.11.2022 (Az.: 3 StR 162/22).

Dem liegt vereinfacht folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte, ein Facharzt für Innere Medizin, hatte bei zwei Patientinnen jeweils einen Eigenfetttransfer vorgenommen und dazu große Mengen Gewebeflüssigkeit abgesaugt, wobei ein Teil der entnommenen Fettzellen anschließend wieder in andere Körperregionen appliziert wurde. Er hatte die Patientinnen vor Durchführung dieses kosmetischen Eingriffs nicht ausreichend über die lebensgefährlichen Risiken der Behandlung aufgeklärt. Beide starben nach der jeweiligen Operation an einem Kreislaufversagen, das unter anderem durch großen Blutverlust bei der Operation und eine Gefäßverstopfung hervorgerufen worden war. Für die Vornahme der beiden Operationen erhielt der Angeklagte ein Honorar in Höhe von insgesamt 26.000 Euro. Das Landgericht hatte die Einziehung dieses Betrags angeordnet, da das Honorar „für“ die Tat erlangt sei und somit gemäß § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB der Einziehung unterliege.

Dies sah der 3. Strafsenat des BGH anders: Es müsse ein synallagmatischer Charakter bestehen, das Honorar hätte also gerade für die Vornahme einer rechtswidrigen Behandlung hingegeben werden müssen. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen, da das Arzthonorar in der – durch den Behandlungsvertrag geprägten – Erwartung einer rechtmäßigen Behandlung gezahlt. Sowohl der angeklagte Arzt also auch dessen Patientinnen ging also nicht davon aus, das Honorar fließe für eine rechtswidrige Behandlung, sodass eine Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB ausscheide.

Ein (objektives) Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der mangels ausreichender Aufklärung rechtswidrig durchgeführten Behandlung und deren Vergütung genügt damit für sich genommen nicht, um die Einziehung des Honorars zu begründen. Vielmehr muss noch hinzukommen, dass die Zweckrichtung der Vergütung darin liegt, Gegenleistung für eine gerade rechtswidrige Tat zu sein. Eine Einziehung kommt demnach nicht in Betracht, wenn die Gegenleistung für eine – wie hier aus Sicht des Arztes und der Patientinnen – rechtmäßige Behandlung hingegeben wurde. Freilich bleibt offen, wie die entscheidende Zweckrichtung zu ermitteln ist. Bei näherer Betrachtung der Beschlussgründe wird deutlich, dass es nach Ansicht des Senats wohl auf die Vorstellung beider Seiten ankommt.

Demnach folgt bei einer Verurteilung im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Behandlung nicht ohne Weiteres die Einziehung des dafür gezahlten Arzthonorars. Für Fragen rund um das Thema Arzthonorar und dessen strafrechtlicher Behandlung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


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