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Bundesrat stimmt Triage-Gesetz zu

   
1. Dezember 2022

Am 25.11.2022 hat der Bundesrat dem ca. zwei Wochen zuvor im Bundestag beschlossenen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes zugestimmt. Hinter diesem sperrigen Titel verbirgt sich das sog. Triage-Gesetz. Mit Beschluss vom 16.12.2021 (1 BvR 1541/20) hatte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert, unverzüglich geeignete Vorkehrungen zum Schutz von Behinderten vor Benachteiligung bei der Zuteilung überlebenswichtiger, nicht für alle zur Verfügung stehender intensivmedizinischer Ressourcen zu treffen.

Eckpunkte des Gesetzes, das am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten soll, sind

  • die Legaldefinition der TriageSituation,
  • die Fixierung des zulässigen Entscheidungskriteriums (auf die aktuelle Krankheit bezogene kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit),
  • die Regelung des Entscheidungsprozesses und
  • die Dokumentation der Entscheidung.

Die Ex-Post-Triage, d.h. die nachträgliche Umverteilung bereits zugeteilter Ressourcen, bleibt unzulässig. 

Zwar bleibt zu hoffen, dass in Deutschland nie eine Triage-Entscheidung getroffen werden muss und das Gesetz daher ausschließlich der Prophylaxe dient. Unabhängig von konkreten Triage-Situationen besteht für Krankenhäuser mit intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten allerdings bereits jetzt Handlungsbedarf. Denn mit Inkrafttreten des Gesetzes sind sie dazu verpflichtet, in einer Verfahrensanweisung mindestens ein Verfahren zur Benennung der Ärztinnen und Ärzte, die für die Mitwirkung an der Zuteilungsentscheidung zuständig sind, und die organisatorische Umsetzung der Entscheidungsabläufe festzulegen. Diese Verfahrensanweisung ist jährlich zu überprüfen und ggf. anzupassen.

→ Was bedeutet der Entwurf für das Strafrecht?

Bereits in der Begründung des Referentenentwurfs teilten dessen Verfasser mit, dass eine Änderung der Strafrechtslage ausdrücklich nicht beabsichtigt sei, es vielmehr bei den bei den allgemeinen Regelungen, insbesondere den Vorgaben zur gewohnheitsrechtlich anerkannten rechtfertigenden Pflichtenkollision bleiben solle. Einerseits erscheint fraglich, ob das Gesetz bei der strafrechtlichen Beurteilung in der Praxis tatsächlich nicht herangezogen werden würde. Darüber hinaus besteht seit langem Streit darüber, wie Triage-Entscheidungen nach den allgemeinen Regelungen zutreffend zu bewerten sind. Es bleibt damit zu konstatieren, dass der Gesetzgeber die Gelegenheit, auch in strafrechtlicher Hinsicht Klarheit zu schaffen, verpasst hat.

Bei Fragen rund um das Thema Triage stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


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